„Er hat mich geärgert!“ Besonders schöner Effekt - kein Streit
- Nicolai Emanuel
- 20. März
- 3 Min. Lesezeit
Ich bin stark, weil ich sage was ich will und was nicht.

Ein häufiger Streit in Schulen, Kindergärten und Familien entsteht, wenn ein Kind sich
bedrängt fühlt, während das andere Kind keine böse Absicht hatte. Für das eine Kind ist es ganz klar: "Jemand will mich ärgern." Für das andere ist es genauso klar: "Ich habe doch gar nichts gemacht!“. Durch dieses Missverständnis entsteht oft Streit.
Kern des Konflikts ist oft, dass persönliche Grenzen überschritten wurden – durch Berührungen, Rempeln, Ziehen, eine unerwünschte Umarmung oder kleine Spaßkämpfe.
Von außen sind solche Situationen, wenn sich zwei gegensätzliche Meinungen gegenüberstehen, für Pädagogen und Eltern häufig schwer einzuschätzen, besonders wenn sie den Vorfall nicht gesehen haben. Deshalb sollten Kinder zwei Dinge lernen:
1. Grenzen klar aussprechen
Es ist völlig normal, dass augenscheinlich gleiche Situationen nicht immer gleich empfunden werden. Etwas, was ein Kind in einem Moment in Ordnung findet, kann es im nächsten stören. Das ist völlig in Ordnung, aber von außen kann man das nun mal nicht immer erkennen. Deshalb muss es selbst sagen, was es will und was nicht. Das muss gelernt werden.
Das können folgende Aussagen sein:
"Ich möchte gerade nicht kämpfen."
"Fass meinen Arm nicht an."
"Komm mir bitte nicht zu nah, das ist mir gerade zu viel."
"Lass bitte meine Stifte in Ruhe."
"Bitte hör auf, an mir zu ziehen."
Wer seine Grenzen klar ausspricht, setzt eine deutliche Grenze. Sobald diese ausgesprochen ist, kann sie nicht mehr so einfach ignoriert werden.
Wird sie dennoch ignoriert und überschritten, ist das ein absichtsvolles Überschreiten, also als „Ärgern“ zu werten. Wenn ein Schubsen, Drücken oder Ärgern absichtlich passiert, kann ich als Vater, Trainer oder Pädagoge Konsequenzen ziehen.
2. Körpersprache sehen und Verantwortung übernehmen
Oft zeigt die Körpersprache ganz klar, dass ein Kind etwas nicht möchte – auch wenn es gerade nichts sagt.
Fast alle Kinder deuten – wenn ich es im Rahmen meiner Kurse teste – sofort meine Körpersprache richtig. Die Körpersprache, wenn jemand etwas nicht mag, ist in den meisten Fällen sehr eindeutig:
-erschrockenes Gesicht
-wütender Blick
-weit aufgerissene Augen (Angst)
-Zurückweichen
-unsichere Körperhaltung
Das Kind, das einen anderen berührt oder bedrängt, trägt die Verantwortung, diese Signale zu erkennen. Ich sage dann einfach: "Wenn die Körpersprache so aussieht, dann kannst du doch sehen, dass das nicht in Ordnung ist. Nimm das ernst!"
Natürlich ist nicht jede Situation eindeutig. Manchmal steht das Kind mit dem Rücken zur Gruppe, sodass seine Körpersprache nicht sichtbar ist.
Zusammengefasst ist wichtig, dass in oben beschriebenen Konfliktsituationen beide Kinder eine gewisse Verantwortung tragen. Auch wenn es nicht böse gemeint ist, sollte das Kind, das handelt, den anderen genau beobachten. Gleichzeitig muss aber auch das Kind, das sich mit einer Situation nicht wohl fühlt, klar sagen, dass es das nicht möchte.
Konflikte können so eventuell schon im Kern aufgelöst werden. Für uns Eltern, Trainer und Pädagogen bringt sie Klarheit in die Situation, sodass wir besser einschätzen können, ob Konsequenzen notwendig sind oder nicht.
Ein besonders schöner Effekt ist, dass viele Kinder erkennen: Die meisten anderen wollen gar nicht mit ihnen streiten! Oft mögen sie sich sogar, wissen aber einfach noch nicht genau, wie sie miteinander umgehen sollen. Dieses Phänomen tritt besonders in Gruppen auf, die viel Zeit miteinander verbringen. Sobald Kinder dieses Verhalten bewusst wahrnehmen und wissen, was sie tun können, wird das Gruppen- aber auch das Familienleben meist entspannter und wohlwollender.
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